Hier schlafe ich
Von der Bettgefährtin bis zum Frühsport: Für 80 Euro pro Nacht bietet die erste Luxushotelkette für Hunde artgerechten Service
CANIS RESORT ist die
weltweit erste Hundehotel-Kette mit Luxus-Standard
CANIS RESORT übertrifft
bei weitem den Standard jeder herkömmlichen Hundepension. Unser Hundehotel wird
höchsten Hundeansprüchen gerecht. Aktuell in Freising bei München. Mehr...
HUNDETRAINING
Mit unserem umfassenden
Trainingsprogramm schulen wir nicht nur den Vierbeiner entsprechend seinen
Eigenschaften und Fähigkeiten, sondern auch den Menschen im selbstbewussten
Umgang mit seinem Liebling. Mehr...
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Viele Rassehunde und
Mischlinge benötigen gelegentlich ganz besondere Anwendungen für Haut und Haar.
Daher haben Sie bei uns die Möglichkeit, einen Termin bei einem unserer
zertifizierten Hunde-Coiffeure zu buchen. Mehr...
Die Frau im Lederdress springt aus dem Auto, hechtet über
den Parkplatz und drückt die Klingel, über der ein Windhund-Logo prangt. »In
zwei Stunden geht mein Flieger«, sagt Ina Messerschmidt. »Ich muss jetzt ganz
schnell Teddy abgeben.« Sie tätschelt den weißen Terrier, der sich zitternd und
winselnd an ihre hochhackigen Stiefel schmiegt.
Die zwei stehen vor dem Canis Resort, dem ersten
Luxuskettenhotel für Hunde. Zwischen Waschstraße und Grüne-Wiese-Supermärkten
eröffnete jetzt das Stammhaus: ein Wiesengrund mit Blockhaus und Designerhütten
in Freising, zehn Autominuten vom Münchner Flughafen entfernt.
Teddy ist der erste Schlafgast und etwas aufgeregt. Er
kriecht unter den hellblauen Empfangstisch. Die Rezeptionistin Katja Rost
reicht Kaffee und Leckerli und notiert Teddys Eigenheiten: Er keift, wenn
Fremde ihn anfassen. Er hat eine Insektenstich-Allergie. Er liebt Bälle, aber
nur die weichen. Und er buddelt gern, sagt Ina Messerschmidt und schaut durch
die Glasfront hinaus auf den Rasen, auf dem heute, am Eröffnungstag, noch jeder
Halm strammsteht. »Da wird er Löcher reingraben. Er sucht gerne nach Mäusen.«
Die Geschäftsfrau muss oft beruflich verreisen. »Und ich habe niemanden, der
auf Teddy aufpasst.« Sie greift ihre Handtasche und drückt Rost die Leine in
die Hand. »Wenn er weint, rufen Sie mich an, ja?«, sagt sie und eilt hinaus.
Teddy dreht den Kopf und schaut ihr nach. Dann trottet er mit der
Rezeptionistin in die Gartenanlage hinaus.
Inmitten von Bäumen stehen hier neun braune Blockhütten, die
sich »Lodges« nennen statt Zwinger – für achtzig Euro pro Hund und Nacht soll
nichts nach Tierheim klingen. Jede Lodge hat einen kleinen Garten, in dem
britischer Polorasen ausgerollt ist; er gilt als sehr trittfest. Die Hütten
sind mit rutschfestem Epoxitharz ausgegossen und von dezentem Stahlgeflecht
umzäunt. Der Luxusgast nächtigt ausbruchssicher und in Gesellschaft.
Rost führt den Terrier auf die große Spielwiese hinter den
Lodges und macht ihn mit seinen Mitbewohnerinnen Panda und Jara bekannt. Die
langbeinigen Mischlingshündinnen gehören Angestellten. »Die sind sehr lieb. Die
haben sicher Spaß zusammen.« Teddys Rute rotiert wie ein Propeller. Er trippelt
wiesenaufwärts, wiesenabwärts, immer den drahtigen Damen nach. Endlich erreicht
er Pandas Hintern und schnuppert, dann besinnt er sich auf seine
Männerpflichten: Er läuft von Strauch zu Strauch und hebt das Bein.
Der erste Gast lebt sich schnell ein. Bald ist er nicht mehr
zu bremsen. Teddy robbt durch die Schneehaufen. Er wälzt sich auf dem Rücken.
Dann flitzt er in wilden Kreisen über das Gras. Er sieht auch nicht mehr wie
ein West Highland White Terrier aus, sondern straßenkötergrau. Wasser tropft
von seinen Bauchzotteln.
Ein paar Meter weiter oben, im Aufenthaltsraum über der
Rezeption, stehen Sabine und Thomas Gerteis und schauen durch die Glasfassade
auf die schneebedeckten Lodgedächer hinab. Sabine Gerteis hat Kynologie
studiert, die Lehre vom Hund. Sie suchte einen Job, der sich mit ihren fünf
Hunden verbinden lässt – und hat dabei, wie sie glaubt, eine Marktlücke
gefunden. »Natürlich gibt es auch jetzt schon Hundehotels. Aber das sind
Einzelbetriebe. Wir wollen eine richtige Kette betreiben – mit Resorts
vielerorts in Deutschland und Europa.« Für das Stammhaus hat sie 14 »Dogsitter«
eingestellt, junge Frauen, die vorher in Zoos oder Tierheimen gearbeitet haben.
Sie hat einen Hundetrainer engagiert, der die Sitterinnen in Körpersprache und
Konfliktmanagement schult. Und ihren Bruder überzeugt, sich um die Finanzen zu
kümmern.
Thomas Gerteis ist der Einzige hier, der Hemd und Stoffhose
trägt statt wetterfesten Sportdress. Er spricht auch nicht von Hunden und
Haltern, sondern vom »pet market« und von der »Zukunftsbranche Hospitality«.
Die Deutschen gäben fast vier Milliarden Euro im Jahr für ihre Haustiere aus.
Sie gönnten ihnen Biofutter und ökologisch gebeiztes Spielzeug. »Warum nicht
auch ein schickes Urlaubsdomizil?«
Das Resort buhlt um eine Zielgruppe, die wächst: mobile und
allein lebende Tierhalter. Rentnerinnen möchten weder auf die Fernreise
verzichten noch auf den Schoßhund. Auch für viele Großstadtsingles sind Hunde
eine willkommene Gesellschaft. »Die Deutschen werden immer älter und
kinderloser«, sagt Gerteis. »Da schaffen sich manche einen Hund als Kind- oder
Enkelersatz an.«
Am frühen Nachmittag kommt die zweite Kundin: Felicitas Beck
aus Neufahrn. Ihre Hunde hat sie daheim gelassen. Sie will sich erst einmal
davon überzeugen, dass es ihnen hier auch gefiele. Sie rüttelt am Zaun, »sehr
stabil«, lugt in die Lodges und lässt sich die Futterküche zeigen. Zwar sei es
ihren beiden Hunden egal, ob sie im Kuhstall schliefen oder im Luxushotel.
»Aber ich habe dann ein besseres Gewissen. Außerdem gefällt mir, dass hier viel
Programm geboten wird«, sagt sie und schaut hinüber zu Dogsitterin Maren
Thullen, die sich als Hunde-Animateurin betätigt. Teddy wird geknuddelt und
gebürstet. Er bekommt eine Leine aus rundgenähtem Elchleder und eine
Schlafdecke im Farbton Cognac.
Wenn Frauchen gewollt hätte, hätte sie ihm auch ein
Beautyprogramm buchen können: Gegen Aufpreis kommt Childrick Lennartz, der Udo
Walz unter den Hundecoiffeuren, schamponiert und föhnt oder schneidet eine
Showfrisur. Mehr Show ist im Canis Resort allerdings unerwünscht. Sabine
Gerteis hält nichts davon, Hunde auf Seide zu betten oder aus goldenen Näpfen
trinken zu lassen. »Das gefällt nur den Besitzern«, sagt sie. »Für einen Hund
heißt Luxus, dass er den ganzen Tag Sozialkontakte hat. Zu Menschen und zu
anderen Hunden.«
Es ist Abend geworden. Die Lodges werden nur noch vom
Laternenschein erhellt. Vom Parkplatz naht eine weitere Kundin. Nina Wernthaler
ist 30 und trägt einen fröhlichen Ringelrolli. Ihre Juni ist ein braun-weißer
Mischling, an dem ein Border-Collie mitgewirkt hat. »Ob es hier schick
aussieht, ist mir egal«, sagt Wernthaler und geht zum Check-in. Juni legt sich
zu ihren Füßen. »Für mich war entscheidend, dass hier rund um die Uhr geöffnet
ist.« In ihrer alten Hundepension musste sie Juni bis 18 Uhr gebracht haben.
»So früh komme ich aber nicht los aus dem Büro.« Und ihrer Mutter möchte sie
den Hund nicht zumuten: »Juni ist etwas schwierig.« Wernthaler beugt sich hinab
und zerzaust Junis Stirnhaar. »Mäusele, ich sag jetzt Tschüss. Ich muss zum
Flieger.« Juni springt auf. Ohne einen Blick zurück läuft sie mit der
Dogsitterin in den Garten hinaus. »Die Treue ist nicht sehr ausgeprägt bei
diesem Hund«, sagt Wernthaler und grinst.
Eine Stunde später ist Ruhe eingekehrt. Teddy schlummert in
einem Hundebett aus schwarzem Kunstleder. Am anderen Ende der Lodge liegt Juni
zusammengerollt auf ihrer Flauschdecke. Die Hotelcrew hat sich in den
Hellholzraum über der Rezeption zurückgezogen. Die Hunde hütet sie jetzt per
Monitor. Alle Lodges sind videoüberwacht. Der Luxushund soll eine ungestörte
Nachtruhe genießen – bis dann Punkt sechs der Frühsport auf der Spielwiese
beginnt.
1,2 Millionen Euro haben die Betreiber in das Canis Resort
nahe dem Münchner Flughafen investiert. Im nächsten Jahr sollen die ersten
Filialen eröffnen
© Michael Herdlein
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